Ein Pflegepraktikum ist für Medizinstudenten ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Arzt. Aber was hat es mit dem Thema Reisen zu tun? Man kann es auch im Ausland absolvieren. Ein Erfahrungsbericht von der Suche nach dem richtigen Platz.
Morgens 8 Uhr in der Staatsbibliothek München: Schlechter Kaffee in der linken Hand, Handy in der rechten und um die Schultern eine Umhängetasche mit Lernmaterial. Alles Sachen die ich heute schaffen will. Schon beim Erstellen der To-Do Liste für den heutigen Tag wusste Ich aber: Das ist nie zu schaffen. Aber besser zu viel vorgenommen als zu wenig. Wir leben ja in einer Leistungsgesellschaft. Die Platzsuche in der „BIB“, wie Studenten sie liebevoll nennen – dabei verspüre ich überhaupt keine Liebe wenn ich an „meine“ BIB denke -, gleicht auch um diese Uhrzeit bereits der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Noch kurz mit ein paar Kommilitoninnen gequatscht und schon geht der zehnstündige „BIB-Marathon“ los…
Ich heiße Tanja und seit 2013 studiere ich Medizin an der LMU München. Angefangen hat alles mit dem Traum, Arzt zu werden. Menschen helfen, für andere da sein, etwas Gutes tun. Als junger Mensch ist man noch so idealistisch! Die Realität: Es kommt immer anders. Stundenlanges Lernen für Klausuren, bei denen ich überhaupt nicht verstehe, warum genau DAS für ein Medizinstudium wichtig ist. Am Ende, aufgrund der schieren Menge, leider schon wieder vergessen, was ich am Anfang gelernt habe. Dicke Wälzer, voller Medizin-Schwadronade, bei denen es mir schon beim Anblick graut. Notendruck und Angst zu versagen. Das Gefühl, nie gut genug zu sein. Wo ist er hin, mein Traum vom Arzt? Ich muss hier raus: Weg von der ganzen Lernerei, dem Alltagsstress und schier endlos langen To-Do-Listen. Einfach mal nur Arzt sein und das am besten an einem anderen Ort. Ich kann es kaum erwarten, mein Pflegepraktikum im Ausland zu machen.
Pflegepraktikum – was ist das überhaupt?
Gute Frage, die sich jeder stellen muss. Besonders wenn ihr das lest und keine Medizinstudenten seid. Medizinstudenten lesen hier einfach drüber, nicken ein-, zweimal und denken sich: Wie kann man denn das nicht wissen? Ein Pflegepraktikum muss jeder machen, der in Deutschland Medizin studiert – also auch ich – und sollte vor dem Physikum abgeschlossen sein. Für die unter euch, die sich fragen mögen „Und was ist jetzt dieses Physikum wieder?“ zitiere ich Wikipedia: Das Physikum ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung. Also die erste Prüfung in eurem Leben, für die ihr das eben Genannte mal eben für drei Monate an den Nagel hängen dürft. Wichtig ist vielleicht noch, dass das Pflegepraktikum in der vorlesungsfreien Zeit absolviert wird und mindestens 90 Tage dauern sollte. Das Praktikum kann auch in mehreren Abschnitten absolviert werden. Jeder Abschnitt aber mit einer Mindestdauer von 30 Tagen.
Wo kann ich ein Pflegepraktikum machen?
Die Frage an sich ist interessant. Aber noch spannender für mich, da ich ja unbedingt ins Ausland will.
Nach ein wenig Recherche hatte ich bereits die Informationen im Internet gefunden. Ein Pflegepraktikum kann nur in einem Krankenhaus gemacht werden. Wer also mal beim Rettungsdienst oder in einem Altenheim arbeiten möchte, muss dies an anderer Stelle tun. Dort sucht ihr euch dann eine Station aus: z.B. „Innere“ oder „Derma“. Ja, wir geben auch unseren Stationen im Krankenhaus liebevoll Kosenamen! Auch wenn ich noch immer keine gefunden habe, die ich wirklich liebe. Eine Entscheidung für einen Fachbereich kommt mir oftmals vor, wie die Suche nach einem Freund. Denke ich, ich hab den richtigen gefunden, sehe ich ihn mir näher an, nur um festzustellen, dass er eben nicht der RICHTIGE ist. Egal, ich komm vom Thema ab… Wichtig ist nur, dass es eine Station ist und kein Funktionsbereich (Labor, EKG, etc.).
Für das Ausland gelten dabei dieselben Regeln. Krankenhaus aussuchen, Station wählen, anrufen oder per E-Mail anschreiben.
Wo will ich ein Pflegepraktikum machen?
So einfach ist das Ganze? Natürlich nicht. Bevor ihr ins Ausland geht, muss schließlich überlegt sein, wo die Reise hingeht. Eines ist aber einfach für mich. Ich will nach Südamerika. Der Grund? Ich war dort noch nie!
Erfahrungen gesammelt habe ich hingegen in Südostasien und Indien. So war ich vor drei Jahren mit zwei meiner Freundinnen in Südostasien. Eine Rucksackreise führte uns von Shanghai nach Kuala Lumpur. Mein persönliches Highlight: Angkor Wat in Kambodscha. Das schönste Bauwerk, das ich in meinem Leben je gesehen habe. Falls ihr mal dort seit: Wartet auf den Sonnenuntergang. Einfach nur traumhaft! Im letzten Jahr besuchte Ich Indien. Nur so viel: Das Taj Mahal hält was es verspricht!
In Südamerika selbst musste es ein spanischsprachiges Land sein, da ich unbedingt mein Spanisch verbessern will. So konnte ich den Kreis weiter eingrenzen. Eine Entscheidung war greifbar nah.
Ecuador – Amazonas und Galápagos Inseln
Am Ende wurde es dann Ecuador. Wie so oft, nachdem die Entscheidung gefallen ist, weiß man nicht mehr genau warum. ABER ECUADOR! Ich bin so aufgeregt. Während ich meinen PC hochfuhr, um meine Recherche zu starten, beschäftigten mich bereits die ersten Fragen. Welche Krankenhäuser bieten überhaupt Auslands-Pflegepraktika an? Welche Krankenhäuser sind die besten in Ecuador? Wird mein Pflegepraktikum in Deutschland anerkannt? Welche Arbeiten darf ich in den Krankenhäusern überhaupt übernehmen? Gibt es tropische Krankheiten, die eventuell zu beachten sind? Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen, um ein Pflegepraktikum im Ausland zu machen? Die Liste der unbeantworteten Fragen schien mir unendlich lang!
Wohin in Ecuador?
Das Ärgerlichste was passieren kann: Das Pflegepraktikum wird in Deutschland nicht anerkannt. Die erste Anlaufstation sollte somit die PJ-Liste eurer Universität sein. Hier könnt ihr sicher sein, dass die Kliniken die dort gelistet sind, eine Kooperation mit eurer Universität haben. Ein dort absolviertes Pflegepraktikum wird somit mit Sicherheit auch anerkannt. Eine weitere, unverbindliche Orientierung bietet der offizielle PJ-Katalog des Landesprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen. Zu guter Letzt findet ihr Informationen auf den Homepages der Landesprüfungsämter eures Bundeslandes.
Falls ihr auf einer dieser Listen nicht fündig werdet, kann das „Googeln“ losgehen. Ich empfehle euch, euch auf Universitätskliniken zu konzentrieren, da das Krankenhaus in den medizinischen Lehrbetrieb des jeweiligen Landes eingebunden sein muss. So steht‘s zumindest auf der Homepage meiner Uni.
Das richtige Krankenhaus finden – ein steiniger Weg
Einmal mit der Suche angefangen, stößt man hier schnell an seine Grenzen. Oftmals sind die Informationen auf den Seiten der Kliniken sehr gut versteckt, nur auf Spanisch oder gar nicht vorhanden. Die Suche nach einem Ansprechpartner oder der richtigen Kontaktadresse kostet hierbei besonders viel Zeit und Nerven. Ist dann eine Kontaktadresse gefunden und liebevoll eine E-Mail ausformuliert, kommt oftmals keine Antwort, die Antwort lässt ewig auf sich warten oder ist so kryptisch, dass nur ein Experte für miserables Englisch diese entziffern könnte. Es kam auch vor, dass ich zwar auf meine Anfrage eine Antwort erhielt, dann aber von dem Krankenhaus nie wieder etwas hörte. Oft hatte ich auch den falschen Ansprechpartner angeschrieben. Ein Marathon an Verweisungen an Kollegen folgte, bis ich am Ende überhaupt keine Antwort mehr erhielt. Ein Wechselbad der Gefühle über Wochen hin ist die Folge. Fühlt man sich einer Zusage einmal besonders nah, lässt die nächste Hürde nicht weiter auf sich warten. So erfährt man beispielsweise, dass der Wunsch-Fachbereich nicht verfügbar ist oder andere Voraussetzungen für ein Pflegepraktikum nicht erfüllt werden… Am Ende war ich ziemlich entnervt, da ich keinen Schritt weiter war, meine Semesterferien – und damit der Start-Zeitpunkt des Pflegepraktikums – aber immer näher rückten.
Die Entscheidung
Hatte ich mir zu Beginn noch vorgenommen mein Pflegepraktikum selbst zu organisieren, hatte sich meine Meinung inzwischen grundlegend geändert. Wie schön wäre es, einen deutschsprachigen Ansprechpartner vor Ort zu haben und eine Garantie, den Pflegeplatz auch wirklich zu bekommen? Die Google-Suche führte mich dann zum Anbieter Praktikawelten, der Pflegepraktika in Ecuador anbietet. Trotz der hohen Kosten hab ich nun sicher einen Platz, die Garantie aktiv im Krankenhaus mitarbeiten zu dürfen und einen deutschsprachigen Partner, der mir mit Formalitäten und bei Schwierigkeiten hilft.
Am Ende muss jeder seinen eigenen Weg finden. Ich habe für mich nur irgendwann beschlossen, dass ich auf der Flucht vor endlos langen To-Do-Listen, diese Listen für ein Pflegepraktikum nicht noch länger machen möchte. Ich möchte endlich eine Entscheidung treffen und loslegen!
Hey, habe genau das gleiche Problem. Welche Erfahrung hast du am Ende mit Praktikawelt gemacht ? Sind sie zu empfehlen ?